Fokusthema Demokratie
10 Tipps, wie sich Unternehmen für die Demokratie einsetzen können
Als Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sind Sie Teil der Gesellschaft. Und die Gesellschaft braucht Sie jetzt, um unsere Demokratie zu schützen und zu stärken. Eine klare Haltung ist wichtig, doch das Engagement von Unternehmen sollte über die Teilnahme an Demonstrationen hinausgehen. Anlässlich der Europawahl 2024 zeigen wir gemeinsam mit dem Business Council For Democray #BC4D, wie Sie als Unternehmen aktiv werden können inklusive inspirierender Praxisbeispiele von Unternehmen zum Nachmachen.
Tipp 1: Sich klar positionieren
Wir leben in Zeiten, in denen auch Schweigen politisch ist. Viele Kundinnen und Kunden sowie Mitarbeitende erwarten von Unternehmen eine klare Haltung, insbesondere wenn gesellschaftliche Diskurse die Unternehmenswerte berühren. Unternehmen zeigen Haltung, indem sie öffentliche Aufrufe für die Demokratie unterzeichnen oder sich mit Unternehmens-Statements und Aussagen des/der CEO umfassend inhaltlich äußern und positionieren, sei es zu einer politischen Forderung oder im Rahmen eines Corporate Political Responsibility Leitbildes. Um glaubwürdig zu sein, ist es wichtig, dass die gezeigte Haltung authentisch ist und zu den Werten sowie sonstigen Handlungen des Unternehmens passt.
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Tipp 2: Zum Wählen gehen aufrufen
Ob Europa‑, Bundestags‑, Landtags- oder Kommunalwahl, eine einfache Form für Unternehmen, die Demokratie zu stärken, ist es, ihre Mitarbeitenden, Kundinnen und Geschäftspartner zur Teilnahme an Wahlen aufzurufen. Beim „Wie“ gibt es große Unterschiede, sowohl hinsichtlich der Form, des Absenders und der Kanäle, als auch in der Frage, wie weit sich Unternehmen politisch aus dem Fenster lehnen möchten. Einige Unternehmen rufen parteipolitisch neutral zur Wahl auf oder schließen sich größeren Wahlaufrufen an. Bei anderen werben die Vorstände und CEOs persönlich dafür, sich gegen Hass und Hetze zu entscheiden oder sie sprechen sich sehr eindeutig gegen die AfD aus.
Der Mobilitätsanbieter Flix wirbt auf TikTok für die Teilnahme an den Europawahlen. Lesen Sie hier, wie das Unternehmen die Demokratie auf die Straße bringt…
„Viele Kompetenzen, die für eine Demokratie wichtig sind – vom Zuhören bis zum Umgang mit Andersdenkenden – sind auch zentral für eine gute Unternehmenskultur. Wenn diese trainiert und genutzt werden, zahlt das beim Arbeitgeber wie bei der Demokratie insgesamt ein“, erklärt Elisabeth Niejahr, Geschäftsführerin Gemeinnützige Hertie-Stiftung.
Tipp 3: Sich im Kerngeschäft engagieren
Büromaterialien kaufen, Catering anbieten, Räumlichkeiten vermieten oder Investorenkapital annehmen – Unternehmen können aktiv entscheiden, keine Geschäfte mit Vertreterinnen und Vertretern rechtsextremen Gedankenguts zu machen. Darüber hinaus können Unternehmen gezielt mit ihren Produkten oder Dienstleistungen den Zusammenhalt stärken und die Demokratie fördern. Mit konkreten Handlungen gewinnen Unternehmen gegenüber der Kundschaft und den Mitarbeitenden an Glaubwürdigkeit. Erst recht, wenn sie an anderer Stelle auf Werte wie Toleranz oder Offenheit verweisen oder auch aktuell eine klare Position für Vielfalt sowie gegen Hass und Hetze beziehen.
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Tipp 4: Mitarbeitende schulen
Schulungen zur Arbeitssicherheit oder fachliche Weiterbildungen sind selbstverständlich. Schulungen zu demokratischen Werten und zur demokratischen Kultur sollten es sein. Argumentationstrainings gegen rechtsextreme Parolen, Gedenkstättenfahrten, Workshops zu Vielfalt- und Toleranzförderung oder Weiterbildungen zum Umgang mit Desinformation und Hate Speech, wie sie beispielsweise seit Jahren vom Business Council for Democracy angeboten werden, sind gute Möglichkeiten, die Mitarbeitenden weiterzubilden.
Wie sich Mitarbeitende der HypoVereinsbank zu Demokratiethemen austauschen, können Sie hier nachlesen…
Tipp 5: Cause Related Marketing nutzen
Mit jedem verkauften Produkt etwas Gutes tun? Das ist die Idee von Cause-Related-Marketing. Diese Gründe sprechen dafür: Von jedem verkauften Produkt geht eine definierte Summe an eine Spendenorganisation. Diese profitiert finanziell und von der Aufmerksamkeit infolge der Werbe-Aktion. Damit die Aktionen auch wirken, kommt es auf die Umsetzung an. Marketingausgaben sollten in einem sinnvollen Verhältnis zu den Einnahmen der Organisationen stehen und sie müssen zu dem Unternehmen sowie seinen Werten passen. Natürlich kann so eine Aktion nur stattfinden, wenn das Unternehmen glaubwürdig agiert, andernfalls droht der Vorwurf des Greenwashings.
Daniel Krauss, Gründer Flix erklärt: „Als Unternehmen sehen wir es als unsere gesellschaftliche Verantwortung, uns für die Demokratie und ihre Institutionen starkzumachen. Mit unserem unternehmerischen Engagement unterstützen wir Initiativen, die Demokratie erlebbar machen, Impulse setzen und aufklären.”
Tipp 6: Corporate Volunteering einsetzen
Unternehmen können ihre Mitarbeitenden darin unterstützen, sich für die Demokratie zu engagieren (Corporate Volunteering). Es gibt verschiedene Formate und Möglichkeiten. Corporate Volunteering vom Unternehmen initiiert und gesteuert: Unternehmen können das Fachwissen und die Kompetenzen der Mitarbeitenden in der Arbeitszeit pro bono zur Verfügung stellen. Designer können Plakate für Demokratiefeste gestalten und Controllerinnen die Buchhaltung einer Organisation modernisieren. Dieses skills based Volunteering ist wirkungsvoll, aber auch anspruchsvoll umzusetzen. Corporate Volunteering als privates Engagement
der Mitarbeitenden anerkennen, unterstützen und fördern: Organisieren Mitarbeitende beispielsweise Feste, können Unternehmen den Druck von Flyern finanzieren oder mit Sachspenden für die Tombola helfen. Unternehmen können auch Mitarbeitenden Zeit schenken oder gute Rahmenbedingungen schaffen, die das politische Engagement in demokratischen Parteien unterstützen.
Die Drogeriekette dm-drogerie markt Deutschland macht vor, wie sich Unternehmen mit Corporate Volunteering für die Demokratie einsetzen können. Hier erfahren Sie mehr dazu…
„Die Stärkung der liberalen Demokratie ist uns ein großes Anliegen, deshalb haben wir entschieden, die geleisteten Stunden unserer Mitarbeitenden, die als Wahlhelfer in ihren jeweiligen Wahlkreisen zum Gelingen der Wahl beitragen, als geleistete Arbeitszeit anzurechnen”, sagt Christoph Werner, dm-Geschäftsführer.
Tipp 7: Selber demokratisch sein
Was hat die Art, wie Unternehmen ihre Mitarbeitenden in operative oder strategische Entscheidungen des Unternehmens einbinden, mit der Demokratie unserer Gesellschaft zu tun? Eine ganze Menge. Die Forschung zeigt, dass sich demokratische Prozesse in Unternehmen auch auf das private Leben der Mitarbeitenden auswirken. Die Mitarbeitenden interessieren sich mehr für Politik, sind stärker gesellschaftlich engagiert und übernehmen eher Verantwortung (sogenannter Spillover-Effekt).
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Tipp 8: Für Projekte spenden
Unternehmen können im Rahmen ihres Unternehmensengagements (Corporate Citizenship) die Demokratie stärken und Non-Profit-Organisationen
finanziell unterstützen (Corporate Giving). Direkt spenden, Spenden von Mitarbeitenden aufstocken oder die Kunden beim Bezahlen für den guten Zweck aufrunden lassen, das sind drei Beispiele von vielen Möglichkeiten. Damit die Spende auch wirklich etwas verändert, sollten Unternehmen einerseits wirkungsvolle Projekte unterstützen und andererseits wirkungsvoll spenden (u.a. flexibel und projektunabhängig). Unternehmen können sich auch mit anderen zusammentun und gemeinsam spenden, wodurch sich Aufwand reduzieren und die Wirkung steigern lässt. Der „Vereint für Demokratie Fonds“ initiiert von der Allianz Foundation und
ProjectTogether, fördert beispielsweise ausgewählte Demokratieprojekte.
Antje von Dewitz, Geschäftsführerin VAUDE: „Eine starke Vertrauenskultur, aufbauend auf Reflektion und Selbstwirksamkeit, ist das Handwerkszeug für eine leistungsstarke Wirtschaft und eine stabile Demokratie. Menschen auf Augenhöhe zu bringen und Verantwortung für sich selbst, aber auch für die Gesellschaft zu übernehmen, darum geht es uns.”
Tipp 9: Interne Anlaufstellen schaffen
Klare Regeln zum Umgang mit Rassismus sollten auch intern bestehen – inklusive der Gewährleistung, dass diese eingehalten werden. Unternehmen können ein Awareness-Team gründen oder einzelne Awareness-Personen ernennen, die entsprechend geschult werden. So können demokratiefeindliche Vorgänge besser erfasst und verfolgt werden. Eine weitere Möglichkeit ist das Einrichten einer Anlauf- bzw. Beschwerdestelle für Betroffene von Diskriminierung. Nach außen können Unternehmen speziell zivilgesellschaftliche Initiativen unterstützen, die Anlaufstellen für Opfer von Diskriminierung und Menschenfeindlichkeit bieten.
Lesen Sie hier, wie der Deutsche Fußball-Bund (DFB) in Kooperation mit dem Verband Queere Vielfalt e. V. eine Anlaufstelle für Opfer von Diskriminierung schafft…
Tipp 10: Sich mit anderen vernetzen
Unternehmen können sich mit anderen Akteuren zu Bündnissen und Allianzen zusammenschließen und gemeinsam für Demokratie und Vielfalt eintreten. In der Praxis gibt es unterschiedliche Ausprägungen in Form und Inhalt.
Öffentliche Bekenntnisse: Unternehmen zeichnen gemeinsame Erklärungen und Statements.
Netzwerke mit breitem Angebot: Unternehmen führen gemeinsame Veranstaltungen durch oder bieten Schulungen für teilnehmende Unternehmen an.
Regionale Zusammenschlüsse: Viele Unternehmen engagieren sich gemeinsam am Standort, in der Region oder im Bundesland.
Branchenspezifische Initiativen: Unternehmen einer Branche oder deren Verbände werden gemeinsam aktiv.
Sektorübergreifende Bündnisse: Unternehmen schließen sich mit zivilgesellschaftlichen Organisationen oder anderen Institutionen zusammen.
In Worms haben sich bereits 50 Unternehmen und Institutionen einem Wirtschaftsbündnis für Demokratie zusammengeschlossen. Erfahren Sie hier mehr darüber…
Was Unternehmen tun können
Weitere Möglichkeiten, wie sich Unternehmen für die Demokratie einsetzen können, gibt es in unserer Ratgeber-Broschüre Unternehmen für Demokratie. Die Broschüre steht Ihnen als Download bereit und ist auch als Print-Version bestellbar.
Eine gemeinsame Publikation vom Business Council for Democracy (BC4D) und PHINEO