Bundesteilhabegesetz
Wirkungsorientierung in der Eingliederungshilfe
Am 1. Januar 2020 trat die dritte Stufe des Bundesteilhabegesetzes in Kraft. Bundesweit arbeiten Träger*innen daran, die neuen Anforderungen an Wirkung und Wirksamkeit umzusetzen. Aber wie sieht das konkret aus? Wir haben einen Träger der Eingliederungshilfe begleitet und geben Tipps zur Umsetzung.
Das 2017 schrittweise in Kraft tretende Bundesteilhabegesetz hat das Ziel, das Leben von Menschen mit Behinderungen zu verbessern und damit einer inklusiven Gesellschaft näher zu kommen. Erreicht werden soll das über bessere Teilhabe und mehr Selbstbestimmung; wichtige Anregungen hierzu gab die UN-Behindertenrechtskonvention im Jahr 2008.
Auch die Begriffe Wirksamkeit und Wirkung stehen im Bundesteilhabegesetz. Nur: Beide Begriffe sind weder gesetzlich definiert noch gibt es Erfahrungen aus der Praxis.
Hamburg auf dem Weg zu mehr Wirkung
Diese Unklarheit hat an vielen Stellen große Unsicherheit sowohl bei einzelnen Trägern als bei Behörden ausgelöst. Deshalb hat sich die Organisation Leben mit Behinderung Hamburg an PHINEO gewandt, damit die Expert*innen den Prozess der Wirkungsorientierung in der Eingliederungshilfe begleiten.
Im Zentrum stand dabei das
Planungsinstrument „Mein Kompass”, ein Instrument zur Teilhabeplanung,
das Prinzipien von Personenzentrierung und Sozialraumorientierung vereint.
Innerhalb des Jahres fanden zwei parallele Prozesse statt:
- Zum einen wurden das Planungsinstrument in der Organisation vorgestellt und Mitarbeitende geschult.
- Parallel dazu bildete sich ein kleines Team, bestehend aus einem Bereichsleiter, dem Qualitätsmanagementbeauftragten und zwei Wirkungsmanager*innen, die 2018⁄19 bei PHINEO die Weiterbildung im Wirkungsmanagement absolvierten. Dieses Team entwickelte mit Unterstützung durch PHINEO Indikatoren zur Wirkungsmessung, die ab 2020 in zwanzig Fällen erhoben werden.
Klein anfangen, langsam vorantasten
Wirkungsorientierung hat oftmals den Ruf, zu kompliziert zu sein. Was viele Organisationen nicht wissen: Vieles von dem, was sie tun, ist schon wirkungsorientiert. PHINEO rät daher, schrittweise vorzugehen und zunächst Zielgruppen zu befragen, was sie eigentlich brauchen. Anschließend überlegt man gemeinsam Indikatoren und Erhebungsmethoden, anhand derer man die Ziele überprüft. Am Beispiel von „Mein Kompass” hat sich gezeigt, dass es Sinn macht, die Indikatoren zuerst in kleinerer Runde auszuprobieren. So erkennt man frühzeitig, ob diese in der Realität überhaupt Sinn machen und einen wirklichen Mehrwert bieten.
Charlotte Buttkus, Expertin für Wirkungsmanagement bei PHINEO, rät
Organisationen dazu, erstmal anzufangen und an einem Beispielprozess
Wirkungsorientierung auszuprobieren. “Wir bilden seit einigen Jahren
Menschen zu Wirkungsmanager*innen aus. Zu der Weiterbildung gehört auch
eine sechsmonatige Praxisphase, in der Teilnehmende Erlerntes direkt in
ihrer Organisation umsetzen. Wir hören dabei immer wieder, dass
Teilnehmende dabei jede Menge lernen. Sich mit der Wirkung seiner Arbeit
zu beschäftigen, kann sich enorm auf die Motivation auswirken.”
Fazit: Wirkung im Bundesteilhabegesetz – Fluch oder Segen?
Die neuen Anforderungen an Wirkung und Wirksamkeit als Kriterien der Leistungsvergabe und ‑vergütung haben bei vielen Organisationen und Behörden der Eingliederungshilfe zunächst Unsicherheit ausgelöst. Verständlich, da eine mangelnde Wirksamkeit nun gesetzlich sanktionierbar ist. Jedoch sollten Organisationen sich nicht bremsen lassen, sondern sich langsam herantasten und Prozesse ausprobieren.
Auch wenn dies auf den ersten Blick überfordernd scheinen mag, so kann das Bundesteilhabegesetz als Segen verstanden werden. „Der neue Fokus auf die Wirkung von Maßnahmen kommt unmittelbar den Menschen zugute. Darüber hinaus läutet das Bundesteilhabegesetz einen Paradigmenwechsel ein: Weg von der Perspektive, dass ich als Betreuer*in besser weiß, was du brauchst, hin zu der Idee, dass ich versuche, die Barrieren um dich herum zu ebenen, damit du teilhast.”, sagt Charlotte Buttkus von PHINEO.
Hinweis: Wie wirkungsorientiert Sie bereits arbeiten, können Sie mithilfe des Wirkometers ermittleln …