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Kul­tur & Wirkung

War­um sich die Kul­tur stär­ker um ihre gesell­schaft­li­che Wir­kung küm­mern sollte

Wiebke Gülcibuk,
14.07.2021

Kul­tur­schaf­fen­de und Kul­tur­ein­rich­tun­gen wol­len Men­schen Ori­en­tie­rung geben, Dis­kur­se eröff­nen, Wis­sen ver­mit­teln, Men­schen zusam­men- und zum Nach­den­ken brin­gen, auf­rüt­teln oder den Wan­del mit­ge­stal­ten. Das gilt sicher nicht für alle, aber für die allermeisten. 

Die­se Kräf­te der Kul­tur wer­den der­zeit mehr denn je gebraucht. Gera­de wäh­rend und in der Post-Pan­de­mie ist die Kul­tur die Medi­zin, um die Gesell­schaft zu hei­len und den Men­schen Hoff­nung und Zuver­sicht zu geben.

Gleich­zei­tig ist die Kunst- und Kul­tur­bran­che selbst schwer gebeu­telt. Zwar dür­fen die Kunst- und Kul­tur­ein­rich­tun­gen wie­der vor­sich­tig ihre Türen öff­nen; bis Nor­ma­li­tät ein­kehrt und auch der Kul­tur­tou­ris­mus in alter Form zurück­kehrt, wird es aber noch lan­ge dauern. 

Der Zeit­punkt könn­te also nicht bes­ser sein, um dar­über nach­zu­den­ken, wie Kunst- und Kul­tur­ein­rich­tun­gen ihre gesell­schaft­li­che Wir­kung stär­ken kön­nen. Dabei kön­nen sie Metho­den aus dem Nach­hal­tig­keits­ma­nage­ment und der wir­kungs­ori­en­tier­ten Orga­ni­sa­ti­ons­ent­wick­lung nut­zen, um ihren Impact zu stei­gern und zu steuern. 

Wie kann ich als Kul­tur­ein­rich­tung Impact erzielen?

Die meis­ten Kul­tur­in­sti­tu­tio­nen möch­ten mit ihrer Arbeit etwas errei­chen. Thea­ter behan­deln gesell­schafts­po­li­ti­sche Fra­gen bei­spiels­wei­se zu The­men wie Migra­ti­on und Hei­mat, um Men­schen zum Nach­den­ken zu brin­gen oder sie wol­len die Zuschauer*innen ansto­ßen, nach einer Auf­füh­rung über den Kli­ma­wan­del zu dis­ku­tie­ren; Muse­en möch­ten ihren Besucher*innen Wis­sen über his­to­ri­sche Zusam­men­hän­ge ver­mit­teln und Bezü­ge in die heu­ti­ge Gesell­schaft her­stel­len. Kurz­um: Die Kul­tur­ein­rich­tun­gen wol­len mit ihrem Ange­bot bei ihren Besucher*innen (einer Ziel­grup­pe) eine Ver­än­de­rung errei­chen, also eine bestimm­te Wir­kung erzie­len und dar­über einen Impact auf die Gesell­schaft insgesamt. 

Die Wahr­schein­lich­keit, dass ein gesell­schaft­li­cher Impact erreicht wird steigt, je plan­vol­ler eine Kul­tur­ein­rich­tung vor­geht. Aber nicht immer geht der Plan auf. Die Kunst besteht zunächst ein­mal dar­in, zu mer­ken, dass man die eigent­lich anvi­sier­te Ziel­grup­pe nicht erreicht oder dass das gewünsch­te Wis­sen nicht ver­mit­telt wird. Im Wei­te­ren kommt es dar­auf an, gescheit zu reagie­ren und sein Ange­bot anzu­pas­sen. Womög­lich ist eine Koope­ra­ti­on mit einer ande­ren Ein­rich­tung aus dem Stadt­teil hilf­reich, um die gewünsch­te Ziel­grup­pe für ein Stück zu begeis­tern; viel­leicht braucht es neben der Aus­stel­lung eine beglei­ten­de Dia­log­rei­he, damit sich das Wis­sen festigt.

Das ist leich­ter gesagt als getan. Wir ken­nen Bei­spie­le aus der Pro­jekt­ar­beit, in denen erfolg­lo­se Vor­ha­ben über vie­le Jah­re wei­ter vor­an­ge­trie­ben wur­den, weil es ent­we­der kei­ne Refle­xi­on der eige­nen Arbeit gab oder der Mut im Team fehl­te, dar­über ins Gespräch zu kommen.

Umso wich­ti­ger ist es, die­sen Pro­zess zu insti­tu­tio­na­li­sie­ren und sei­ne Wir­kung in einem ste­ti­gen Kreis­lauf zu pla­nen, sie zu ana­ly­sie­ren und gege­be­nen­falls zu verbessern.

Wer Impact will braucht einen kri­ti­schen Dis­kurs mit sich selbst

Das ste­te Infra­ge­stel­len sei­ner eige­nen Arbeit soll­te eigent­lich gut zu dem Selbst­ver­ständ­nis der Kul­tur­bran­che pas­sen. Zugleich setzt es eine leben­di­ge Feed­back­kul­tur der gesam­ten Kul­tur­ein­rich­tung vor­aus, die kri­ti­sche Denk­an­stö­ße zulässt und ermög­licht. Sehr schnell wer­den dar­über sehr grund­sätz­li­che Fra­gen auf­ge­wor­fen, die über ein ein­zel­nes Ange­bot hin­aus­ge­hen und den Kern der Orga­ni­sa­ti­on berüh­ren: Was macht mei­ne Insti­tu­ti­on eigent­lich aus? Wie öko­lo­gisch nach­hal­tig sind unse­re Kul­tur­ange­bo­te? Wie divers sind die Mit­ar­bei­ten­den? Wie kön­nen die Ziel­grup­pen par­ti­zi­pie­ren und teil­ha­ben? Wie gut sind wir als Ein­rich­tun­gen vernetzt? 

Der Dis­kurs über die­se The­men ist umso wich­ti­ger, als dass die gro­ßen gesell­schaft­li­chen Trends von Nach­hal­tig­keit / Kli­ma­schutz über Inklu­si­on bis hin zu Diver­si­tät ohne­hin nicht an der Kul­tur­bran­che vor­über gehen und sich ohne­hin die Fra­ge stellt, wie Kunst- und Kul­tur­ein­rich­tun­gen damit umge­hen, um in einer sich ver­än­dern­den Gesell­schaft rele­vant zu bleiben.

Inter­na­tio­nal wird bereits über Impact gesprochen

In ande­ren Län­dern ist die Debat­te über den Impact von Kul­tur­ein­rich­tun­gen bereits in vol­lem Gan­ge. Ins­be­son­de­re in Groß­bri­tan­ni­en und den USA kom­mu­ni­zie­ren Kul­tur­ein­rich­tun­gen bereits seit meh­re­ren Jah­ren zu ihrem Impact. Beson­ders weit sind dabei die Muse­en. Sie berich­ten über ihre Wir­kung und dis­ku­tie­ren dar­über bei inter­na­tio­na­len Tagungen.

In Öster­reich ent­stand 2018 mit CUL­TU­RAL IMPACT ein For­schungs­pro­jekt, dass die Wir­kungs­ori­en­tie­rung und das Wir­kungs­ma­nage­ment öster­rei­chi­scher und inter­na­tio­na­ler Muse­en unter­such­te und doku­men­tier­te. Das Fol­ge­pro­jekt KUNST MUSS, das im ers­ten Coro­na-beding­ten Lock­down im Früh­jahr 2020 ent­stand, initi­ier­te einen leben­di­gen und brei­ten Dia­log über die Wir­kung von Kunst & Kul­tur inner­halb der Bran­che. Künstler*innen, Museumsvertreter*innen, Kulturjournalist*innen, Kulturpolitiker*innen, Kulturmanager*innen und Vertreter*innen von För­der­stif­tun­gen dis­ku­tier­ten wie sie ihre gesell­schaft­li­che Wir­kung stei­gern kön­nen und wie sie sich ver­än­dern müs­sen, um wei­ter­hin rele­vant zu bleiben.

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Wiebke Gülcibuk

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