Kultur & Wirkung
Warum sich die Kultur stärker um ihre gesellschaftliche Wirkung kümmern sollte
Kulturschaffende und Kultureinrichtungen wollen Menschen Orientierung geben, Diskurse eröffnen, Wissen vermitteln, Menschen zusammen- und zum Nachdenken bringen, aufrütteln oder den Wandel mitgestalten. Das gilt sicher nicht für alle, aber für die allermeisten.
Diese Kräfte der Kultur werden derzeit mehr denn je gebraucht. Gerade während und in der Post-Pandemie ist die Kultur die Medizin, um die Gesellschaft zu heilen und den Menschen Hoffnung und Zuversicht zu geben.
Gleichzeitig ist die Kunst- und Kulturbranche selbst schwer gebeutelt. Zwar dürfen die Kunst- und Kultureinrichtungen wieder vorsichtig ihre Türen öffnen; bis Normalität einkehrt und auch der Kulturtourismus in alter Form zurückkehrt, wird es aber noch lange dauern.
Der Zeitpunkt könnte also nicht besser sein, um darüber nachzudenken, wie Kunst- und Kultureinrichtungen ihre gesellschaftliche Wirkung stärken können. Dabei können sie Methoden aus dem Nachhaltigkeitsmanagement und der wirkungsorientierten Organisationsentwicklung nutzen, um ihren Impact zu steigern und zu steuern.
Wie kann ich als Kultureinrichtung Impact erzielen?
Die meisten Kulturinstitutionen möchten mit ihrer Arbeit etwas erreichen. Theater behandeln gesellschaftspolitische Fragen beispielsweise zu Themen wie Migration und Heimat, um Menschen zum Nachdenken zu bringen oder sie wollen die Zuschauer*innen anstoßen, nach einer Aufführung über den Klimawandel zu diskutieren; Museen möchten ihren Besucher*innen Wissen über historische Zusammenhänge vermitteln und Bezüge in die heutige Gesellschaft herstellen. Kurzum: Die Kultureinrichtungen wollen mit ihrem Angebot bei ihren Besucher*innen (einer Zielgruppe) eine Veränderung erreichen, also eine bestimmte Wirkung erzielen und darüber einen Impact auf die Gesellschaft insgesamt.
Die Wahrscheinlichkeit, dass ein gesellschaftlicher Impact erreicht wird steigt, je planvoller eine Kultureinrichtung vorgeht. Aber nicht immer geht der Plan auf. Die Kunst besteht zunächst einmal darin, zu merken, dass man die eigentlich anvisierte Zielgruppe nicht erreicht oder dass das gewünschte Wissen nicht vermittelt wird. Im Weiteren kommt es darauf an, gescheit zu reagieren und sein Angebot anzupassen. Womöglich ist eine Kooperation mit einer anderen Einrichtung aus dem Stadtteil hilfreich, um die gewünschte Zielgruppe für ein Stück zu begeistern; vielleicht braucht es neben der Ausstellung eine begleitende Dialogreihe, damit sich das Wissen festigt.
Das ist leichter gesagt als getan. Wir kennen Beispiele aus der Projektarbeit, in denen erfolglose Vorhaben über viele Jahre weiter vorangetrieben wurden, weil es entweder keine Reflexion der eigenen Arbeit gab oder der Mut im Team fehlte, darüber ins Gespräch zu kommen.
Umso wichtiger ist es, diesen Prozess zu institutionalisieren und seine Wirkung in einem stetigen Kreislauf zu planen, sie zu analysieren und gegebenenfalls zu verbessern.
Wer Impact will braucht einen kritischen Diskurs mit sich selbst
Das stete Infragestellen seiner eigenen Arbeit sollte eigentlich gut zu dem Selbstverständnis der Kulturbranche passen. Zugleich setzt es eine lebendige Feedbackkultur der gesamten Kultureinrichtung voraus, die kritische Denkanstöße zulässt und ermöglicht. Sehr schnell werden darüber sehr grundsätzliche Fragen aufgeworfen, die über ein einzelnes Angebot hinausgehen und den Kern der Organisation berühren: Was macht meine Institution eigentlich aus? Wie ökologisch nachhaltig sind unsere Kulturangebote? Wie divers sind die Mitarbeitenden? Wie können die Zielgruppen partizipieren und teilhaben? Wie gut sind wir als Einrichtungen vernetzt?
Der Diskurs über diese Themen ist umso wichtiger, als dass die großen gesellschaftlichen Trends von Nachhaltigkeit / Klimaschutz über Inklusion bis hin zu Diversität ohnehin nicht an der Kulturbranche vorüber gehen und sich ohnehin die Frage stellt, wie Kunst- und Kultureinrichtungen damit umgehen, um in einer sich verändernden Gesellschaft relevant zu bleiben.
International wird bereits über Impact gesprochen
In anderen Ländern ist die Debatte über den Impact von Kultureinrichtungen bereits in vollem Gange. Insbesondere in Großbritannien und den USA kommunizieren Kultureinrichtungen bereits seit mehreren Jahren zu ihrem Impact. Besonders weit sind dabei die Museen. Sie berichten über ihre Wirkung und diskutieren darüber bei internationalen Tagungen.
In Österreich entstand 2018 mit CULTURAL IMPACT ein Forschungsprojekt, dass die Wirkungsorientierung und das Wirkungsmanagement österreichischer und internationaler Museen untersuchte und dokumentierte. Das Folgeprojekt KUNST MUSS, das im ersten Corona-bedingten Lockdown im Frühjahr 2020 entstand, initiierte einen lebendigen und breiten Dialog über die Wirkung von Kunst & Kultur innerhalb der Branche. Künstler*innen, Museumsvertreter*innen, Kulturjournalist*innen, Kulturpolitiker*innen, Kulturmanager*innen und Vertreter*innen von Förderstiftungen diskutierten wie sie ihre gesellschaftliche Wirkung steigern können und wie sie sich verändern müssen, um weiterhin relevant zu bleiben.