Dop­pel­te Wesent­lich­keits­ana­ly­se: Bedeu­tung, Pflich­ten und Umsetzung

Eva Kleemann,
15.07.2024

Die CSRD (Cor­po­ra­te Sus­taina­bi­li­ty Report­ing Direc­ti­ve) ist ab 2024 für vie­le Unter­neh­men ver­pflich­tend. Ein zen­tra­les Instru­ment der erwei­ter­ten Nach­hal­tig­keits­be­richt­erstat­tung ist die dop­pel­te Wesent­lich­keits­ana­ly­se. Sie lei­tet Unter­neh­men dazu an, ihre Nach­hal­tig­keits­aspek­te aus zwei Per­spek­ti­ven zu betrach­ten: der Impact Wesent­lich­keit und der finan­zi­el­len Wesent­lich­keit. Wir beant­wor­ten die wich­tigs­ten Fragen. 

Was ist die dop­pel­te Wesentlichkeitsanalyse?

Die dop­pel­te Wesent­lich­keits­ana­ly­se, auch bekannt als dop­pel­te Mate­ria­li­täts­ana­ly­se, ver­langt von Unter­neh­men, die Bedeu­tung von Nach­hal­tig­keits­the­men aus den fol­gen­den Blick­win­keln zu bewerten:

  1. Impact Wesent­lich­keit (Insi­de-Out): Die­se Per­spek­ti­ve unter­sucht die tat­säch­li­chen und poten­zi­el­len Aus­wir­kun­gen des unter­neh­me­ri­schen Han­delns auf Umwelt und Men­schen. Hier­bei wer­den sowohl posi­ti­ve als auch nega­ti­ve Effek­te berück­sich­tigt, wie bei­spiels­wei­se die För­de­rung von guten Arbeits­be­din­gun­gen oder der Ver­lust von Biodiversität.
  2. Finan­zi­el­le Wesent­lich­keit (Out­side-In): Die­se Per­spek­ti­ve bewer­tet, wie Nach­hal­tig­keits­the­men die finan­zi­el­le Lage eines Unter­neh­mens beein­flus­sen kön­nen. Dabei wer­den Risi­ken und Chan­cen betrach­tet, die sich aus Umwelt- und Sozi­al­fak­to­ren erge­ben, wie etwa die Aus­wir­kun­gen des Kli­ma­wan­dels auf die Geschäfts­tä­tig­keit oder die Abhän­gig­keit von bestimm­ten Ressourcen.

Um zu ermit­teln, wel­che The­men aus Sicht eines Unter­neh­mens im Sin­ne der dop­pel­ten Mate­ria­li­tät wesent­lich sind, müs­sen Unter­neh­men eine dop­pel­te Wesent­lich­keits­ana­ly­se durch­füh­ren. Sobald sich ein The­ma aus einer der bei­den Per­spek­ti­ven als wesent­lich erweist, ist es im Rah­men der CSRD bericht­erstat­tungs­pflich­tig.

Wesent­lich­keits­ana­ly­se, CSRD & ESRS: die recht­li­che Grund­la­ge der Nachhaltigkeitsberichterstattung

Seit Anfang 2023 ist die Cor­po­ra­te Sus­taina­bi­li­ty Report­ing Direc­ti­ve (CSRD) in Kraft. Die­se Richt­li­nie ver­pflich­tet Unter­neh­men dazu, detail­lier­te Infor­ma­tio­nen zu ihren wesent­li­chen Nach­hal­tig­keits­the­men in den Berei­chen Umwelt, Sozia­les und Gover­nan­ce zu ver­öf­fent­li­chen. Die Nach­hal­tig­keits­in­for­ma­tio­nen müs­sen in den finan­zi­el­len Geschäfts­be­richt inte­griert, von qua­li­fi­zier­ten Wirtschaftsprüfer*innen geprüft und in einem maschi­nen­les­ba­ren For­mat an einer zen­tra­len Stel­le hoch­ge­la­den wer­den. Dabei fun­gie­ren die Euro­pean Sus­taina­bi­li­ty Report­ing Stan­dards (ESRS) als inhalt­li­che Leit­li­nie für die Berichterstattung. 

Ziel der Richt­li­nie ist es, die Nach­hal­tig­keits­leis­tung von Unter­neh­men trans­pa­ren­ter und ver­gleich­ba­rer zu machen. Die Ein­füh­rung des Kon­zepts der dop­pel­ten Wesent­lich­keit bzw. dop­pel­ten Mate­ria­li­tät für die Bericht­erstat­tung geht mit der CSRD einher.

Bei­spie­le für Ergeb­nis­se einer dop­pel­ten Wesentlichkeitsanalyse

Im Rah­men die­ser Ana­ly­se könn­te ein Unter­neh­men bei­spiels­wei­se Fol­gen­des feststellen:

  • Bei der Ana­ly­se der wesent­li­chen Aus­wir­kun­gen eines Unter­neh­mens auf Umwelt und Men­schen ergibt sich, dass laut Mit­ar­bei­ten­den-Befra­gun­gen die För­de­rung von Chan­cen­gleich­heit, Viel­falt und Inklu­si­on einen posi­ti­ven Impact auf die Zufrie­den­heit der Beleg­schaft hat.
  • Im Rah­men der Ana­ly­se der finan­zi­el­len Aus­wir­kun­gen von Nach­hal­tig­keits­the­men auf das Unter­neh­men zeigt sich, dass die För­de­rung von Diver­si­tät für das Unter­neh­men eine Chan­ce dar­stellt. Eine auf Diver­si­tät aus­ge­rich­te­te Unter­neh­mens­kul­tur macht das Unter­neh­men attrak­tiv für talen­tier­te Mit­ar­bei­ten­de, was zu nied­ri­gen Fluk­tua­ti­ons­ra­ten und einer hohen Inno­va­ti­ons­kraft beiträgt.

Anfor­de­run­gen des ESRS für die dop­pel­te Wesentlichkeitsanalyse

Die Euro­pean Sus­taina­bi­li­ty Report­ing Stan­dards (ESRS) legen bestimm­te Anfor­de­run­gen für die Durch­füh­rung der Wesent­lich­keits­ana­ly­se fest. Dazu gehö­ren unter ande­rem die Berück­sich­ti­gung aller Wert­schöp­fungs­ket­ten­stu­fen des Unter­neh­mens sowie die Ein­bin­dung der Bewer­tun­gen rele­van­ter Inter­es­sen­grup­pen. Das Ziel besteht dar­in, schritt­wei­se alle wesent­li­chen Aus­wir­kun­gen, Risi­ken und Chan­cen zu iden­ti­fi­zie­ren. Die Ergeb­nis­se die­ser umfas­sen­den Ana­ly­se bestim­men, wel­che The­men in den Nach­hal­tig­keits­be­rich­ten her­vor­ge­ho­ben wer­den sollen. 

Wie wird die Wesent­lich­keits­ana­ly­se prak­tisch durchgeführt?

Auch bei PHI­NEO sind wir davon über­zeugt, dass Unter­neh­men wir­kungs­ori­en­tiert han­deln müs­sen, um lang­fris­tig erfolg­reich zu sein. Dazu soll­ten sie Ihre nach­hal­tig­keits­be­zo­ge­nen Aus­wir­kun­gen, Risi­ken und Chan­cen ken­nen und aktiv gestal­ten. Die dop­pel­te Wesent­lich­keits­ana­ly­se ermög­licht genau die­ses umfas­sen­de Ver­ständ­nis und bil­det die Grund­la­ge für eine wir­kungs­ori­en­tier­te, stra­te­gi­sche Trans­for­ma­ti­on.

Sie lässt sich in 5 Schrit­te aufteilen: 

  1. Sta­tus-quo-Check
    Zuerst müs­sen Zweck und Umfang der dop­pel­ten Wesent­lich­keits­ana­ly­se defi­niert wer­den. Eben­falls wich­tig: Wel­che Res­sour­cen sind für die Durch­füh­rung vor­han­den? Und wel­che Infor­ma­tio­nen lie­gen bereits vor, die sich als Grund­la­ge für die Ana­ly­se eignen?
  2. Kon­text­ana­ly­se
    In wel­chem Kon­text agiert das Unter­neh­men? Hier wer­den alle rele­van­ten Geschäfts­be­zie­hun­gen und Stake­hol­der iden­ti­fi­ziert, die regu­la­to­ri­schen Rah­men­be­din­gun­gen sowie die Geschäfts­ak­ti­vi­tä­ten unter­sucht und die Wert­schöp­fungs­ket­te analysiert.
  3. Iden­ti­fi­ka­ti­on
    In Schritt drei iden­ti­fi­zie­ren und cha­rak­te­ri­sie­ren Unter­neh­men poten­zi­el­le Impacts, Risi­ken und Chan­cen ihres Handelns. 
  4. Bewer­tung
    Nun wer­den die in Schritt 3 iden­ti­fi­zier­ten Impacts, Risi­ken und Chan­cen ein­heit­lich bewertet. 
  5. Fest­le­gung
    Im letz­ten Schritt wer­den die Ergeb­nis­se der dop­pel­ten Wesent­lich­keits­ana­ly­se zusam­men­ge­tra­gen und anschlie­ßend die wesent­li­chen The­men bestimmt. Die­se wer­den dokumentiert. 

    Zusätz­li­cher Nut­zen einer Wesentlichkeitsanalyse

    Über die Ermitt­lung der berichts­pflich­ti­gen The­men hin­aus lie­fern die Ergeb­nis­se einer sorg­fäl­tig durch­ge­führ­ten Wesent­lich­keits­ana­ly­se wei­te­re wich­ti­ge Erkenntnisse:

    1. Stra­te­gi­sche Fokus­sie­rung: Auf Grund­la­ge der Ergeb­nis­se kön­nen sich Unter­neh­men bei der nach­hal­ti­gen Trans­for­ma­ti­on ihres Geschäfts­mo­dells auf die wesent­li­chen The­men kon­zen­trie­ren und dabei ihre Res­sour­cen effi­zi­ent einsetzen.
    2. Akti­ves Stakeholdermanagement: Die Wesent­lich­keits­ana­ly­se bie­tet eine Gele­gen­heit für Unter­neh­men, mit ihren wich­tigs­ten Stake­hol­dern in Kon­takt zu tre­ten, um deren nach­hal­tig­keits­be­zo­ge­ne Erwar­tun­gen zu ver­ste­hen und dar­auf zu reagieren.
    3. Bewuss­ter Umgang mit Risi­ken und Chancen: Durch die Wesent­lich­keits­ana­ly­se kön­nen Unter­neh­men früh­zei­tig nach­hal­tig­keits­be­zo­ge­ne Risi­ken erken­nen und ihnen ent­ge­gen­wir­ken sowie Chan­cen iden­ti­fi­zie­ren und nut­zen. Dies kann lang­fris­tig finan­zi­el­le Vor­tei­le schaffen.

    Her­aus­for­de­run­gen und Empfehlungen

    Die Durch­füh­rung einer dop­pel­ten Wesent­lich­keits­ana­ly­se kann kom­plex sein und erfor­dert eine gründ­li­che Vor­be­rei­tung sowie die Ein­bin­dung der Stake­hol­der. Es ist rat­sam, spe­zia­li­sier­te Berater*innen hin­zu­zu­zie­hen und moder­ne digi­ta­le Tools zu nut­zen, um eine genaue und effi­zi­en­te Ana­ly­se zu gewähr­leis­ten. Die regel­mä­ßi­ge Aktua­li­sie­rung der Wesent­lich­keits­ana­ly­se ist not­wen­dig, um auf sich ändern­de Bedin­gun­gen und neue Erkennt­nis­se reagie­ren zu können.

    Wie PHI­NEO Sie unter­stüt­zen kann

    Die dop­pel­te Wesent­lich­keits­ana­ly­se ist kein ein­fa­cher Pro­zess: Unter­neh­men müs­sen die bei­den unter­schied­li­chen Per­spek­ti­ven ver­ste­hen, für ihr Unter­neh­men ein­schät­zen und dabei mit Stake­hol­dern interagieren. 

    Wir unter­stüt­zen Unter­neh­men dabei, die Anfor­de­run­gen der CSRD an die Ana­ly­se prü­fungs­kon­form umzu­set­zen. Indem wir den Pro­zess an die Bedürf­nis­se jedes ein­zel­nen Unter­neh­mens anpas­sen und unse­re Erfah­rung im Stake­hol­der­ma­nage­ment nut­zen, gewähr­leis­ten wir eine effi­zi­en­te Ein­bin­dung der rele­van­ten Grup­pen und redu­zie­ren so den inter­nen Aufwand.

    Schaf­fen Sie mit uns eine Grund­la­ge für eine wir­kungs­ori­en­tier­te Trans­for­ma­ti­on Ihres Unter­neh­mens. Kon­tak­tie­ren Sie uns für wei­te­re Infor­ma­tio­nen und Unter­stüt­zung bei der Durch­füh­rung einer dop­pel­ten Wesentlichkeitsanalyse.

    Bera­tungs­be­darf?

    Alle Infos zur Wesent­lich­keits­ana­ly­se-
    Bera­tung von PHINEO

    Eva Klee­mann | eva.​kleemann@​phineo.​org | +49 30 520 065 376

    Bera­te­rin und Exper­tin für CSRD, Wesent­lich­keits­ana­ly­se & ESG