Doppelte Wesentlichkeitsanalyse: Bedeutung, Pflichten und Umsetzung
Die CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive) ist ab 2024 für viele Unternehmen verpflichtend. Ein zentrales Instrument der erweiterten Nachhaltigkeitsberichterstattung ist die doppelte Wesentlichkeitsanalyse. Sie leitet Unternehmen dazu an, ihre Nachhaltigkeitsaspekte aus zwei Perspektiven zu betrachten: der Impact Wesentlichkeit und der finanziellen Wesentlichkeit. Wir beantworten die wichtigsten Fragen.
Was ist die doppelte Wesentlichkeitsanalyse?
Die doppelte Wesentlichkeitsanalyse, auch bekannt als doppelte Materialitätsanalyse, verlangt von Unternehmen, die Bedeutung von Nachhaltigkeitsthemen aus den folgenden Blickwinkeln zu bewerten:
- Impact Wesentlichkeit (Inside-Out): Diese Perspektive untersucht die tatsächlichen und potenziellen Auswirkungen des unternehmerischen Handelns auf Umwelt und Menschen. Hierbei werden sowohl positive als auch negative Effekte berücksichtigt, wie beispielsweise die Förderung von guten Arbeitsbedingungen oder der Verlust von Biodiversität.
- Finanzielle Wesentlichkeit (Outside-In): Diese Perspektive bewertet, wie Nachhaltigkeitsthemen die finanzielle Lage eines Unternehmens beeinflussen können. Dabei werden Risiken und Chancen betrachtet, die sich aus Umwelt- und Sozialfaktoren ergeben, wie etwa die Auswirkungen des Klimawandels auf die Geschäftstätigkeit oder die Abhängigkeit von bestimmten Ressourcen.
Um zu ermitteln, welche Themen aus Sicht eines Unternehmens im Sinne der doppelten Materialität wesentlich sind, müssen Unternehmen eine doppelte Wesentlichkeitsanalyse durchführen. Sobald sich ein Thema aus einer der beiden Perspektiven als wesentlich erweist, ist es im Rahmen der CSRD berichterstattungspflichtig.
Wesentlichkeitsanalyse, CSRD & ESRS: die rechtliche Grundlage der Nachhaltigkeitsberichterstattung
Seit Anfang 2023 ist die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) in Kraft. Diese Richtlinie verpflichtet Unternehmen dazu, detaillierte Informationen zu ihren wesentlichen Nachhaltigkeitsthemen in den Bereichen Umwelt, Soziales und Governance zu veröffentlichen. Die Nachhaltigkeitsinformationen müssen in den finanziellen Geschäftsbericht integriert, von qualifizierten Wirtschaftsprüfer*innen geprüft und in einem maschinenlesbaren Format an einer zentralen Stelle hochgeladen werden. Dabei fungieren die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) als inhaltliche Leitlinie für die Berichterstattung.
Ziel der Richtlinie ist es, die Nachhaltigkeitsleistung von Unternehmen transparenter und vergleichbarer zu machen. Die Einführung des Konzepts der doppelten Wesentlichkeit bzw. doppelten Materialität für die Berichterstattung geht mit der CSRD einher.
Beispiele für Ergebnisse einer doppelten Wesentlichkeitsanalyse
Im Rahmen dieser Analyse könnte ein Unternehmen beispielsweise Folgendes feststellen:
- Bei der Analyse der wesentlichen Auswirkungen eines Unternehmens auf Umwelt und Menschen ergibt sich, dass laut Mitarbeitenden-Befragungen die Förderung von Chancengleichheit, Vielfalt und Inklusion einen positiven Impact auf die Zufriedenheit der Belegschaft hat.
- Im Rahmen der Analyse der finanziellen Auswirkungen von Nachhaltigkeitsthemen auf das Unternehmen zeigt sich, dass die Förderung von Diversität für das Unternehmen eine Chance darstellt. Eine auf Diversität ausgerichtete Unternehmenskultur macht das Unternehmen attraktiv für talentierte Mitarbeitende, was zu niedrigen Fluktuationsraten und einer hohen Innovationskraft beiträgt.
Anforderungen des ESRS für die doppelte Wesentlichkeitsanalyse
Die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) legen bestimmte Anforderungen für die Durchführung der Wesentlichkeitsanalyse fest. Dazu gehören unter anderem die Berücksichtigung aller Wertschöpfungskettenstufen des Unternehmens sowie die Einbindung der Bewertungen relevanter Interessengruppen. Das Ziel besteht darin, schrittweise alle wesentlichen Auswirkungen, Risiken und Chancen zu identifizieren. Die Ergebnisse dieser umfassenden Analyse bestimmen, welche Themen in den Nachhaltigkeitsberichten hervorgehoben werden sollen.
Wie wird die Wesentlichkeitsanalyse praktisch durchgeführt?
Auch bei PHINEO sind wir davon überzeugt, dass Unternehmen wirkungsorientiert handeln müssen, um langfristig erfolgreich zu sein. Dazu sollten sie Ihre nachhaltigkeitsbezogenen Auswirkungen, Risiken und Chancen kennen und aktiv gestalten. Die doppelte Wesentlichkeitsanalyse ermöglicht genau dieses umfassende Verständnis und bildet die Grundlage für eine wirkungsorientierte, strategische Transformation.
Sie lässt sich in 5 Schritte aufteilen:
- Status-quo-Check
Zuerst müssen Zweck und Umfang der doppelten Wesentlichkeitsanalyse definiert werden. Ebenfalls wichtig: Welche Ressourcen sind für die Durchführung vorhanden? Und welche Informationen liegen bereits vor, die sich als Grundlage für die Analyse eignen? - Kontextanalyse
In welchem Kontext agiert das Unternehmen? Hier werden alle relevanten Geschäftsbeziehungen und Stakeholder identifiziert, die regulatorischen Rahmenbedingungen sowie die Geschäftsaktivitäten untersucht und die Wertschöpfungskette analysiert. - Identifikation
In Schritt drei identifizieren und charakterisieren Unternehmen potenzielle Impacts, Risiken und Chancen ihres Handelns. - Bewertung
Nun werden die in Schritt 3 identifizierten Impacts, Risiken und Chancen einheitlich bewertet. - Festlegung
Im letzten Schritt werden die Ergebnisse der doppelten Wesentlichkeitsanalyse zusammengetragen und anschließend die wesentlichen Themen bestimmt. Diese werden dokumentiert.
Zusätzlicher Nutzen einer Wesentlichkeitsanalyse
Über die Ermittlung der berichtspflichtigen Themen hinaus liefern die Ergebnisse einer sorgfältig durchgeführten Wesentlichkeitsanalyse weitere wichtige Erkenntnisse:
- Strategische Fokussierung: Auf Grundlage der Ergebnisse können sich Unternehmen bei der nachhaltigen Transformation ihres Geschäftsmodells auf die wesentlichen Themen konzentrieren und dabei ihre Ressourcen effizient einsetzen.
- Aktives Stakeholdermanagement: Die Wesentlichkeitsanalyse bietet eine Gelegenheit für Unternehmen, mit ihren wichtigsten Stakeholdern in Kontakt zu treten, um deren nachhaltigkeitsbezogene Erwartungen zu verstehen und darauf zu reagieren.
- Bewusster Umgang mit Risiken und Chancen: Durch die Wesentlichkeitsanalyse können Unternehmen frühzeitig nachhaltigkeitsbezogene Risiken erkennen und ihnen entgegenwirken sowie Chancen identifizieren und nutzen. Dies kann langfristig finanzielle Vorteile schaffen.
Herausforderungen und Empfehlungen
Die Durchführung einer doppelten Wesentlichkeitsanalyse kann komplex sein und erfordert eine gründliche Vorbereitung sowie die Einbindung der Stakeholder. Es ist ratsam, spezialisierte Berater*innen hinzuzuziehen und moderne digitale Tools zu nutzen, um eine genaue und effiziente Analyse zu gewährleisten. Die regelmäßige Aktualisierung der Wesentlichkeitsanalyse ist notwendig, um auf sich ändernde Bedingungen und neue Erkenntnisse reagieren zu können.
Wie PHINEO Sie unterstützen kann
Die doppelte Wesentlichkeitsanalyse ist kein einfacher Prozess: Unternehmen müssen die beiden unterschiedlichen Perspektiven verstehen, für ihr Unternehmen einschätzen und dabei mit Stakeholdern interagieren.
Wir unterstützen Unternehmen dabei, die Anforderungen der CSRD an die Analyse prüfungskonform umzusetzen. Indem wir den Prozess an die Bedürfnisse jedes einzelnen Unternehmens anpassen und unsere Erfahrung im Stakeholdermanagement nutzen, gewährleisten wir eine effiziente Einbindung der relevanten Gruppen und reduzieren so den internen Aufwand.
Schaffen Sie mit uns eine Grundlage für eine wirkungsorientierte Transformation Ihres Unternehmens. Kontaktieren Sie uns für weitere Informationen und Unterstützung bei der Durchführung einer doppelten Wesentlichkeitsanalyse.
Beratungsbedarf?
Alle Infos zur Wesentlichkeitsanalyse-
Beratung von PHINEO
Eva Kleemann | eva.kleemann@phineo.org | +49 30 520 065 376
Beraterin und Expertin für CSRD, Wesentlichkeitsanalyse & ESG