Praxistipp
Erfolgreiches Projektmanagement für Vereine & NGOs
Um das Thema „Projektmanagement” ranken sich viele Mythen. Dabei klingt es eigentlich ganz einfach: Es geht darum, ein vorab definiertes Ziel zu erreichen. Möglichst zu einem festgelegten Termin, innerhalb des kalkulierten Kostenrahmens – und mit intaktem Nervenkostüm.
Die Realität sieht oft anders aus.
Aus der Erfahrung von über 1.000 Organisationsanalysen wissen wir, dass die meisten Fehler während der Projektplanung und beim Projektstart gemacht werden.
Daher zeigen wir hier die vier häufigsten Probleme – und ihre Lösungen:
- Problem: Zielgruppen nicht genau definiert
- Problem: ungenaue Projektziele
- Problem: fehlende oder mangelhafte Erfolgsindikatoren
- Problem: kein oder nur unzureichendes Monitoring & Evaluation
Ergänzt um eine gute Projektstruktur, einen sauberen Projektplan und nicht zuletzt eine nicht zu knapp kalkulierte Ressourcenplanung haben Sie damit die wichtigsten Faktoren für erfolgreichere Projekte im Blick.
Wenn Sie zunächst herausfinden möchten, wie gut Ihr Projektmanagement ist, empfehlen wir einen Test mit unserem Wirkometer. Das Wirkometer erstellt auf Basis von 20 Fragen und Antworten ein aussagekräftiges Bild des IST-Zustands eines Projekts.
Zielgruppen definieren: Wen wollen Sie eigentlich erreichen?
Ein soziales Projekt kann nur dann erfolgreich sein, wenn es seine Zielgruppen erreicht. Klingt trivial, aber in der Praxis ist die Zielgruppenanalyse selten so differenziert, wie es nötig wäre. Häufig sind die Zielgruppen zu ungenau definiert: mal sind sie zu groß („Zielgruppe: alle”), mal zu klein, mal nicht trennscharf genug („Kinder und Jugendliche von 3 – 18 Jahren”).
Per Definition sind Zielgruppen Einzelpersonen oder Gruppen, die häufig innerhalb eines geografisch fest umrissenen Bereiches leben, also in Stadtbezirken, Landkreisen etc.
Für die Planung von Zielen, Meilensteinen und Maßnahmen kommt es darauf an, die Zielgruppen des Projekts so exakt wie möglich zu beschreiben. Entscheidend ist, dass die Zielgruppen nicht so umfassend geraten, dass es schwerfällt, ein Projekt um sie herum zu planen – gleichzeitig dürfen sie aber auch nicht so eng gefasst werden, dass die Definition auf kaum jemanden zutrifft.
Viele Vereine und Nonprofits haben mehr als nur eine Zielgruppe bzw. sehr verschiedene und diverse Zielgruppen – etwa ein Verein, der Verbraucher für Umweltbelange sensibilisiert und parallel klimapolitische Lobbyarbeit betreibt. Bei solchen Kostellationen ist besondere Sorgfalt gefragt, denn zwei Zielgruppen verdoppeln auch die Wahrscheinlichkeit, dass das Projekt schon bei der Projektplanung ins Schlingern gerät.
Bei der Beschreibung der Zielgruppe helfen Ihnen folgende Fragen:
- Wer sind die Mitglieder der Zielgruppe? Wie alt sind sie?
- Aus welchem Einzugsgebiet kommen sie (Stadtteil, Landkreis)?
- Wie ist ihre soziale Situation, wie die familiäre, wie ihr Bildungsstatus? Gibt es besondere Herausforderungen (Armut, niedrige Bildung etc.)
- Wie ist die finanzielle Situation der Zielgruppe? Welchen Problemen sieht sie sich gegenüber? Wo liegen die Potenziale der Zielgruppe insgesamt und einzelner Unter-Zielgruppen?
Situations- und Bedarfsbeschreibungen in Projektplänen betonen häufig die Probleme und Defizite der Zielgruppen. Das ist naheliegend, weil es darum geht, Not zu lindern. Genauso wichtig ist es aber auch, dass Sie die positiven Aspekte berücksichtigen.
Fragen Sie daher:
- Welche Entwicklungsmöglichkeiten und Potenziale besitzt die Zielgruppe?
- Welche Stärken, Talente und Ressourcen bringt sie mit?
- Welche Wünsche und Hoffnungen hat die Zielgruppe?
Im Laufe der Projektplanung wie auch während des Projektverlaufs empfielt es sich, die Zielgruppendefinition regelmäßig zu überprüfen und anzupassen. Anfangs getroffene Annahmen über Zielgruppen können sich im Projektverlauf als irrig erweisen. Und bei Projekten mit langen Laufzeiten ist es sogar denkbar, dass sich die Zielgruppen mehr als nur in Nuancen verändern.
Ziele definieren: Was möchten Sie erreichen?
Auf soziale Projekte bezogen spricht man bei Zielen auch von Wirkungszielen, weil die Rechnung meistens lautet: Ziel = beabsichtigte Wirkung. „Ziel” und „Wirkungsziel” werden daher in vielen Fällen synonym verwandt.
In der Arbeit von Vereinen gibt es zwei Arten von Wirkungszielen:
- Wirkungsziele auf Ebene der Zielgruppen – ausgehend von der Frage: Was wollen Sie bei Ihrem Klientel konkret erreichen?
- Wirkungsziele auf Ebene der Gesellschaft – ausgehend von der Frage: Inwiefern führen die beabsichtigten Wirkungen bei den Zielgruppen auch zu Änderungen in der Gesamtgesellschaft?
Wirkungsziele bilden das Fundament für effektives Projektmanagement in Vereinen & NGOs. Sie allein bestimmen, welche Anstrengungen nötig sind und an welchen Stellen die Ressourcen sinnvoll eingesetzt werden. Kurz gesagt: Ohne (Wirkungs-) Ziel kein Projekt! Denn die besten Absichten nutzen nichts, wenn sie keinem konkreten Ziel dienen.
Wirkungsziele helfen dabei …
- Orientierung zu gewinnen: Sind die Ziele so formuliert, dass jeder weiß, was er zu tun hat, lässt sich das Projekt leichter auf Kurs halten.
- Monitoring & Evaluation zu planen: Ohne Wirkungsziele bleibt offen, was Sie wann mit welcher Methode bei wem feststellen sollen.
- Mitarbeitende zu motivieren: Wer die Ziele kennt und sich mit ihnen identifiziert, bleibt auch bei Laune, wenn das Projekt mal Meilensteine verfehlt.
- die Qualität Ihrer Arbeit zu beweisen: Geldgeber interessieren sich immer für das Controlling und dafür, ob Projektplan und ‑realität übereinstimmen – also das Geld gut investiert ist.
- das Fundraising: Präzise formulierte Wirkungsziele, die Begeisterung wecken, erleichtern die Akquise potenzieller FörderInnen.
In der Realität jedoch arbeiten viele Vereine und NGOs mit unscharfen und diffusen Zielen. Weniger aus Absicht, sondern weil die Ziele häufig so naheliegend und offensichtlich scheinen, dass deswegen ein weiterführender und oft anstrengender Zielfindungsprozess ausbleibt („Wir tun doch schon Gutes, und außerdem ist doch klar, dass wir die Kinderarmut beseitigen wollen!”).
Irgendwann stellt sich dann aber heraus, dass die Ziele doch nicht so klar und deutlich sind wie erhofft – und die Zielfindung startet von vorn. Im ungünstigsten Fall sind dann schon Maßnahmen geplant und Ressourcen verteilt worden, um Ziele zu erreichen, die gar nicht Ihrer Agenda entsprechen.
Insofern gilt: Jede Minute, die Sie vorher in die Ausarbeitung der Wirkungsziele investieren, wird sich hinterher auszahlen!
Effektives Projektmanagement startet mit einem strukturierten Projektplan, der sowohl die Ziele auflistet, als auch einzelne Meilensteine, Etappen sowie Maßnahmen, die helfen, dass Sie das Ziel auch erreichen.
Um Wirkungsziele zu definieren, müssen Sie wissen, bei wem Sie was konkret verändern möchten:
- Welche Zielgruppen wollen Sie erreichen?
- Was genau soll das Projekt bei der Zielgruppe verändern? Und wie ist das auf einzelne Maßnahmen, Angebote etc. bezogen?
- Zu welchen Zielen auf gesellschaftlicher Ebene soll das Projekt beitragen?
Übrgens: Die bloße Durchführung einer Aktivität kann kein Wirkungsziel sein. Einen Workshop zu veranstalten oder eine bestimmte Anzahl an Teilnehmenden zu erreichen, ist allenfalls ein Meilenstein, ein „Output”. Ein Wirkungsziel ist der Workshop nicht, eben weil er keine Veränderung bei der Zielgruppe herbeiführt.
Bei einem Workshop könnte ein Ziel darin bestehen, dass eine bestimmte Anzahl an Teilnehmenden nach der Teilnahme neues Wissen erlangt hat. Dieses Ziel („Zielgruppe erlangt neues Wissen”) erfordet aber eine gänzlich andere Projektplanung und Ressourcenplanung als die reine Veranstaltungsorganisation („Workshop mit soundsoviel Teilnehmenden findet statt”).
Erfolgsindikatoren entwickeln und messen
Effektives Projektmanagement bedeutet auch, dass Sie fortlaufend Anhaltspunkte dafür sammeln, ob das Projekt auf Kurs liegt und seine gesteckten Meilensteine bzw. Ziele noch erreichbar sind. Solche Anhaltspunkte nennen sich: Indikatoren.
Anhand von Indikatoren lässt sich feststellen, ob ein bestimmter Sachverhalt oder ein bestimmtes Ereignis eingetreten ist. Indikatoren belegen, welche Fortschritte ein Projekt macht, ob es wie geplant verläuft und ob es erfolgreich ist.
Idealerweise sieht der Projektplan für jeden Meilenstein einen oder mehrere Indikatoren vor, die belegen, dass das Ziel erreicht wurde.
Indikatoren sind aber nicht nur für die Zielerreichung wichtig. Sie benötigen Indikatoren auch, um ein solides Monitoring aufzusetzen. Und nach Projektabschluss bilden Indikatoren die Grundlage für die Evaluation, also um das Erreichte analysieren und bewerten zu können.
Weil sie so wichtig sind, sollten Indikatoren bereits während der Projektplanung mitgedacht werden:
- Welche Wirkungsziele wollen und können Sie realistischerweise regelmäßig beobachten?
- Erfordert der Indikator eine bestimmte Methode, die Sie bereits während der Planung mitdenken bzw. einkalkulieren sollten?
- Woran stellen Sie den Fortschritt und schließlich die Wirkung bzw. Zielerreichung des Projekts fest?
Dabei sollten Sie berücksichtigen, dass es zwei Arten von Indikatoren gibt: direkte und indirekte Indikatoren.
- Direkte Indikatoren lassen sich hauptsächlich für leicht zählbare Sachverhalte wie Outputs und leicht messbare Wirkungen formulieren. Direkte Indikatoren ergeben sich oft unmittelbar aus den Wirkungszielen.
Angenommen, ein Wirkungsziel besteht darin, dass Erwerbslose durch die Teilnahme an Ihrem Projekt einen Job finden, wäre der Indikator „Anzahl der Erwerbslosen, die nach Teilnahme einen Job gefunden haben”.
Natürlich sind Indikatoren nicht immer so einfach zu ermitteln wie in diesem Beispiel. In solchen Fällen können Sie auf indirekte Indikatoren ausweichen.
- Indirekte Indikatoren weisen nur mittelbar auf den zu beobachtenden Sachverhalt hin. Sie werden genutzt, wenn es nicht oder nur mit unvertretbar hohem Aufwand möglich ist, Daten zu erheben.
Indirekte Indikatoren empfehlen sich immer dann, wenn Sie qualitative Änderungen feststellen möchten: veränderte Lebensumstände der Zielgruppen, veränderte Einstellungen, verändertes Verhalten.
Das führt unmittelbar zur nächsten Herausforderung im Projektmanagement: Denn woran lässt sich erkennen, ob ein Erwerbsloser infolge einer Schulung bei Ihnen selbstbewusster am Arbeitsmarkt agiert? – Daran, dass er mehr Stellenanzeigen liest? Bewerbungsunterlagen jetzt auch per E‑Mail verschickt? Auch mal per Telefon beim potenziellen Arbeitgeber nachhakt? – In solchen Fällen bedarf es mehrerer Indikatoren, am besten für jede Wirkungsstufe einen.
Monitoring & Evaluation richtig planen
Für die Evaluation eines Projekts sollten Sie drei bis zehn Prozent des Bugets im Projekt- und Ressourcenplan berücksichtigen.
Größter Kostenpunkt bei einer Evaluation sind die Personalkosten, hinzu kommen Druckkosten für den Evaluationsbericht, Büro- und Reisekosten.
In 90 Prozent aller Projekte sind wenig bis gar keine Gelder für Monitoring & Evaluation vorgesehen. Dann wird es natürlich schwer mit der Wirkungsmessung.
Ist das Projekt groß und das Budget klein, kann es sinnvoll sein, lieber einen kleinen, aber relevanten Teil des Projekts gut zu monitoren bzw. zu evaluieren, anstatt Daten für das komplette Projekt zu erheben und dabei qualitative Abstriche in Kauf nehmen zu müssen.
Mit diesen Fragen können Sie Aufwand und Kosten überschaubar halten:
- Sind die Informationen, die gesammelt werden sollen, wirklich (wirklich!) notwendig?
- Liegen die Daten vielleicht schon an anderer Stelle vor?
- Ist die Anzahl der Befragten – die Stichprobengröße – angemessen oder nicht vielleicht doch zu groß?
- Gibt es kostengünstigere Erhebungsinstrumente, die genutzt werden können?
- Welche Aufgaben sollen mithilfe eines externen Evaluators gelöst werden und welche können Sie inhouse übernehmen?
Ob Sie die Evalution selbst machen oder auslagern, hängt sowohl von den Kompetenzen im Verein, vom Projektbudget und vom Erkenntnisinteresse ab.
Vorteil einer Evaluation durch den Verein selbst ist, dass sie vergleichsweise kostengünstig ist.
Außerdem geht es bei der Evaluation ja vor allem darum, aus den Erkenntnissen zu lernen – und das können Vereine nur bis zu einem gewissen Grad nach außen abgeben. Ein weiterer Pluspunkt besteht darin, dass die Mitarbeitenden schneller an relevante Informationen gelangen und erheblich mehr Sachkunde über das zu beurteilende Projekt besitzen (Ziele, Meilensteine etc.).
Diese Sachkunde kann allerdings dann problematisch werden, wenn sie in Betriebsblindheit ausartet oder persönliche Beziehungen zu Befangenheit führen. Wesentlicher Knackpunkt ist jedoch, dass den Projektbeteiligten häufig Kompetenzen fehlen, um eine qualifizierte Evaluation vornehmen zu können.
Ein externer Evaluator wiederum besitzt genau diese fachliche und methodische Kompetenzen. Das wirkt sich nicht nur positiv auf die Qualität der Evaluation insgesamt aus, sondern führt vielfach dazu, dass das Projekt strukturierter umgesetzt wird.
Außerdem besitzt ein externer Evaluator das Maß an Unabhängigkeit, um einen objektiven, überparteilichen Blick von außen zu gewährleisten. Und häufig genießt eine externe Fachkraft eine höhere Akzeptanz.
Nachteilig sind die höheren Kosten, die eine externe Evaluation verursacht. Darüber hinaus könnte es passieren, dass der Evaluator nicht an alle relevanten Informationen im Verein gelangt oder dass er Meilensteine und Ziele nicht adäquat einordnen und bewerten kann. Damit würde die gesamte Evaluation dem Projekt nicht gerecht.
Eine Lösung für dieses Dilemma könnte in einer Mischform aus interner und externer Evaluation bestehen. Projektmitarbeitende arbeiten Hand in Hand mit einem externen Berater, der Expertise und den Blick von außen mitbringt.
Auf diese Weise bauen die Mitarbeitenden Kompetenzen auf und der externe Evaluator gewährleistet den neutralen Blick. So kommen die Vorteile aus beiden Ansätzen zusammen. Wichtig dabei ist, dass die Zuständigkeiten geklärt sind – und dass der Posten in der Ressourcenplanung auftaucht.
Wesentlich für Gelingen der Evaluation ist die eigene, auf Erkenntnisgewinn ausgerichtete Haltung. Vergegenwärtigen Sie sich, dass es bei einer Projektanalyse weniger darum geht, einer lästige Berichtspflicht nachzukommen, sondern vor allem darum, das Projekt von verschiedenen Seiten aus kritisch zu beleuchten und aus Fehlern zu lernen!
Was Sie außerdem erwartet
- Bedarfsanalyse und Umfeldanalyse: für ein effektives Projektmanagement braucht es eine genaues Wissen um die Bedarfe der Zielgruppen. Für die Projektstruktur und den Projektplan sollten Sie recherchieren, wer bereits im Projektumfeld tätig ist und mit welchen Maßnahmen und Angeboten Sie bestehende Lücken füllen könnten.
- Wirkungsmessung: Die bei den Zielgruppen erreichte Wirkung lässt sich planen, feststellen und messen. Nicht aufs Komma genau, aber doch so, dass Ihr Verein ermitteln kann, wie gut er „wirkt”.
- Wirkungslogik erstellen: Nach welcher Logik funktioniert das Projekt? Eine Wirkungslogik hilft, Projektstruktur, Projektplan und Ressourcenplan so aufzusetzen, dass Sie mit den vorhandenen Mitteln die größtmögliche Wirkung erzielen.
- Monitoring & Datenerhebung: Es gibt viele Methoden, Daten zu erheben. Manche sind teuer, manche aufwändig, und manche beides zusammen. Aber keine Sorge: es gibt auch vergleichsweise günstige Optionen, die Vereine in Eigenregie anwenden können.
- Kommunikation: Vereine tut gut daran, transparent mit GeldgeberInnen, KooperationspartnerInnen und der Öffentlichkeit zu kommunizieren. Das wirkt Vertrauen erweckend – und befördert nebenbei auch das interne Qualitätsmanagement, weil Planabweichungen schneller sichtbar werden.