„Kryptospenden haben ein extrem disruptives Potenzial.”
Kryptowährungen und die zugrundeliegende Blockchain-Technologie sind Zukunftsthemen, die auch vor gemeinnützigen Organisationen nicht Halt machen. PHINEO sprach mit Jonas Gantenbein und Laurin Krämer von Bank Frick über die Chancen für die Zivilgesellschaft – auch über die Annahme als Spenden hinaus.
Krypto für Non-Profits
Wie gemeinnützige Organisationen Kryptowährungen als Spende annehmen können und worauf sie dabei achten sollten, zeigen wir beim SKala-CAMPUS: „Kryptospenden für Non-Profits”.
PHINEO: Was fasziniert euch so an Kryptowährungen?
Laurin Krämer: Kryptowährungen können finanzielle Werte direkt und über Ländergrenzen hinweg ohne Zwischeninstanzen übertragen. Dank der Blockchain-Technologie, dem technologischen Fundament der Kryptowährungen, werden alle Transaktionsdaten dezentral auf einem weltweiten Netzwerk von Rechnern gespeichert. Im Gegensatz zu herkömmlichen Zahlungsmethoden, deren Hintergrundprozesse oft im Dunkeln liegen, ermöglicht die Blockchain eine nachvollziehbare Abwicklung von Transaktionen. Daher ist es vor allem die Technologie, die mich fasziniert, da sie einen Grad an Vertrauenswürdigkeit und Sicherheit bietet, der bisher unerreicht ist.
Jonas Gantenbein: Meine Begeisterung speist sich primär aus der Technologie hinter den Kryptowährungen, der Blockchain. Wenn wir über digitale Vermögenswerte als Währung sprechen, scheint es derzeit nur eine zu geben, die diesen Namen verdient: Bitcoin. Die Limitierung von Bitcoin macht es zum härtesten Zahlungsmittel weltweit – noch härter als Gold. Es kann als legitimes Zahlungsmittel zwischen unterschiedlichen Entitäten eingesetzt werden und ermöglicht eine Neudenkung des Geldwesens auf demokratische Art und Weise.
Doch es gibt auch eine Kehrseite: Die hohe Volatilität von Bitcoin gegenüber dem Euro macht es viele derzeit noch schwierig, den Coin als Zahlungsmittel einzusetzen.
Bitcoin ist darüber hinaus verantwortlich für eine der größten Vermögensungleichheiten der Geschichte. Früheinsteiger sind zu Milliardären geworden, während es für Neulinge nahezu unmöglich ist, signifikante Mengen an Bitcoin zu erwerben. Diese Ungleichheit wird sich voraussichtlich weiterhin verschärfen.
Jonas Gantenbein, Bank Frick
„Kryptos werden sich weiter etablieren. Wer diesen Wandel nicht mitmacht, läuft Gefahr, Vermögen zu verlieren.”
PHINEO: Wenn zentralisierte Institutionen übergangen werden können, wie seht ihr als Bank Frick dann eure Rolle im Kryptomarkt?
Jonas Gantenbein: Die Idee von Satoshi Nakamoto, dem Urvater von Bitcoin, bestand darin, die Intermediäre auszuschalten. In der Realität ist es aber doch etwas anders: Gerade beim Handling braucht es einfach eine gewisse Ausbildung und Erfahrung: Wie verwahre ich Private Keys? – Hier bietet sich eine Chance für Bank Frick: Wir können die Brücke sein, die die Welt der Kryptowährungen mit traditionellen Institutionen verbindet, die vielleicht nicht die technische Versiertheit besitzen. Dies kann das Bankgeschäft tiefgreifend transformieren, indem wir uns als essenzielle Vermittler in einem zunehmend digitalisierten Finanzmarkt positionieren.
Laurin Krämer: Betrachtet man die Geschichte von Bitcoin, so stößt man auf zahlreiche Fälle, in denen Privatpersonen ihre privaten Schlüssel und somit den Zugriff auf ihre Bitcoin verloren haben. Das unterstreicht die Notwendigkeit von sicheren Verwahrungsmöglichkeiten. Eine regulierte Bank, die sich zudem mit der Technologie auskennt, könnte hier eine optimale Lösung bieten.
Jonas Gantenbein: Ich kann mir auch gut vorstellen, dass viele ihre Kryptowährungen gar nicht selbst halten wollen. Denn wenn das Krypto-Vermögen bei einer Bank liegt, sind die Vermögen Teil des Einlegerschutzes.
Laurin Krämer, Bank Frick
„Kryptowährungen können das Spenden wieder cool machen.”
PHINEO: Welche Chancen seht ihr für gemeinnützige Organisationen?
Laurin Krämer: Die Spendenkultur steht vor einem signifikanten Wandel, besonders da ein beachtlicher Anteil der jüngeren Generation bereits in Kryptowährungen investiert. Es ist daher für gemeinnützige Organisationen von grundlegender Bedeutung, Kryptowährungen zu akzeptieren, um ihre langfristige Existenz und finanzielle Stabilität sicherzustellen. Kryptowährungen können das Spenden wieder cool machen.
Jonas Gantenbein: Die Blockchain-Welt und Kryptowährungen haben Unmengen an Vermögen quasi aus dem Nichts geschaffen. Dieses neue Vermögen kann – und sollte – auch von gemeinnützigen Organisationen abgegriffen werden, um finanziell stabil aufgestellt zu sein. Das ist der kurzfristige Anreiz.
Der langfristige Anreiz für Organisationen besteht darin, dass es sich Digitale Vermögenswerte immer mehr etablieren werden und somit immer mehr Zuspruch in der Gesellschaft finden. Eine gemeinnützige Organisation, die diesen Wandel nicht mitmacht, läuft Gefahr, Spendenvermögen zu verlieren.
Mythos Krypto
Bitcoin und Co. sind für gemeinnützige Organisationen vor allem interessant, wenn es um die Annahme von Kryptowährungen als Spende geht. Dennoch haben viele Non-Profits noch immer Berührungsängste. Wir haben uns die fünf gängigsten Vorurteile genauer angeschaut.
PHINEO: Bieten Kryptowährungen bzw. die Blockchain-Technologie über die Annahme von Spenden hinaus weitere Chancen für Gemeinnützige?
Jonas Gantenbein: Ein Token – egal ob von einer Kryptowährung oder nicht – bietet die Möglichkeit, irgendetwas mit Wert über digitale oder physische Grenzen hinweg zu transportieren. Man kann also von Deutschland aus direkt in die Ukraine Gelder an Hilfswerke schicken, die dort dann verwertet werden und Hilfe leisten können. Das geht nur, weil die Blockchain als Medium um Werte zu speichern diese Transparenz und die Unveränderlichkeit besitzt.
Dieser Transparenzcharakter ist für gemeinnützige Organisationen umso wichtiger, weil sie ja immer wieder darunter leiden, dass Gelder verlorengehen: Zuwendungen werden abgezweigt, Hilfsleistungen erreichen ihre Empfänger nicht. Mit der Blockchain kann von Anfang bis zum Ende nachvollzogen werden, was mit dem Geld passiert. Dieses Feature ist unglaublich mächtig.
PHINEO: Wie wird sich der Kryptomarkt entwickeln?
Jonas Gantenbein: Unbestritten ist, dass Digitale Assets eine neue Assetklasse darstellen. Auf einmal trauen sich sogar Pensionskassen an das Thema heran. Auch Banken fangen langsam an, sich ernsthaft damit zu befassen und greifen es auf.
Es wird allerdings ist vielerorts der Spekulations-Use Case für Bitcoin, die Möglichkeit zu kaufen und zu verkaufen, ins Zentrum gestellt. Hier geht es vordergründig nur um den Preis des Assets und jeder möchte damit Gewinne erzielen.
Dann gibt es aber auch den Infrastruktur-Use Case, welcher effektiv reale Probleme in der Welt lösen zu vermag. Die Blockchain stellt eine Infrastruktur nicht nur, aber auch für gemeinnützige Organisationen dar, um effizienter, sicherer und transparenter zu werden. Wenn man diese Technologie richtig einsetzt, hat sie extrem großes disruptives Potenzial. Noch steckt sie in den Kinderschuhen, aber das wird sich bald rasant ändern.