SDGs: Was die Sustainable Development Goals so besonders macht
Maite Deuchert war von 2017 bis 2019 als Beraterin für entwicklungspolitische Themen im Auftrag des BMZ bei PHINEO im Einsatz. Im Interview spricht sie über das Zusammenspiel von Stiftungen und internationaler Entwicklungszusammenarbeit.
Von den Sustainable Development Goals (SDGs) hört man immer öfter. Worum geht es da eigentlich?
Die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung, die 2015 von den Vereinten Nationen verabschiedet wurden, bekommen tatsächlich immer mehr Aufmerksamkeit. Dirk Meissner, der Direktor des Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik (DIE) setzt die SDGs sogar mit der Verkündung der Menschenrechts-Charta von 1948 in Paris gleich.
Die Ziele sind ein politischer Aufruf, in welchem sich 193 Staaten der Welt darauf einigten, sich nachhaltig zu entwickeln – und zwar auf ökonomischer, sozialer und ökologischer Ebene. Die SDGs sind sozusagen ein globaler Gesellschaftsvertrag, um Lösungen für aktuelle Herausforderungen, wie z. B. Armut, Innovation und Infrastruktur, Gesundheit und Bildung, aber auch Geschlechtergleichheit und nachhaltige Wirtschaftssysteme, zu finden und gemeinsam zu handeln.
Die Themen, die in den SDGs zusammengefasst sind, waren natürlich
schon vorher zentral für die entwicklungspolitische Arbeit. Aber mit der
Agenda 2030 gibt es nun ein globales Verständnis und konkrete Ziele,
die man gemeinsam erreichen möchte.
Was macht die SDGs so besonders?
Die SDGs beinhalten einen komplett neuen Ansatz der internationalen Zusammenarbeit, denn jeder trägt nun eine aktive Rolle. So werden beispielsweise alle Länder als Entwicklungsländer verstanden – entgegen der bisherigen Aufteilung in der Entwicklungspolitik, in der es „entwickelte Länder“ und „Entwicklungsländer“ gibt, die nach einem karitativen Verständnis durch Industrienationen gefördert werden. Gleichzeitig gibt es in Europa einige prekäre Themen, die einen globalen Einfluss haben, wie z. B. die CO2-Emmissionen oder die Industrialisierung.
Darüber hinaus fordern die SDGs explizit eine Zusammenarbeit über
Sektorengrenzen hinweg. Das heißt, hier sind nicht wie sonst üblich nur
staatliche Akteure aktiv, sondern auch zivilgesellschaftliche Gruppen,
Stiftungen, Unternehmen, Start-Ups und die Finanzbranche setzen sich
zunehmend für die globalen Nachhaltigkeitsziele ein. Damit können wir in
der Entwicklungszusammenarbeit neue Kooperationsformen austesten und
mehr innovative Lösungsansätze entwickeln.
Wie sehen solche Kooperationen in der Entwicklungszusammenarbeit aus?
In der Entwicklungszusammenarbeit (EZ) werden Länder in ihren Bemühungen unterstützt, wirtschaftliche, soziale, ökologische und politische Verhältnisse zu verbessern. Dafür arbeiten Bundesregierung, Entwicklungs- und Schwellenländer sowie Akteure aus Privatwirtschaft und Zivilgesellschaft in Deutschland wie auch in den Partnerländern eng zusammen – und zwar auf Augenhöhe.
Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung (BMZ) möchte gezielt langfristige Kooperationen zwischen den
zivilgesellschaftlichen, privaten und staatlichen Akteuren der
internationalen Zusammenarbeit fördern. Dafür entsendet das BMZ seit
2011 sogenannte EZ-Scouts in Wirtschaftsverbände, Ländervereine,
Industrie‑, Handels- und Handwerkskammern, wo sie beratend zur Seite
stehen und zwischen den verschiedenen Akteuren vermitteln. 2017 wurde
das Programm schließlich in Kooperation mit Engagement Global auf
Institutionen des Stiftungs- und Philanthropie-Bereichs ausgeweitet.
Seit rund einem Jahr bin ich als EZ-Scout bei PHINEO tätig.
Welche Rolle spielen Stiftungen in der Entwicklungszusammenarbeit?
Es gibt viele Überschneidungen zwischen dem Engagement von Stiftungen oder Einzelpersonen und den Zielen der Entwicklungszusammenarbeit. In die entwicklungspolitische Arbeit einzusteigen, erscheint vielen Stiftungen zunächst kompliziert – auch, weil es häufig an dem notwendigen Know-how fehlt: Welche Möglichkeiten gibt es überhaupt für Stiftungen, sich entwicklungspolitisch zu engagieren? In welchem Themenfeld möchte ich aktiv werden? Wo finde ich die richtigen Ansprechpersonen und wie gestalten sich die rechtlichen Rahmenbedingungen vor Ort? Viele komplexe Fragestellungen, die sich am besten durch eine Beratung mit erfahrenen ExpertInnen wie den EZ-Scouts klären lassen.
Das Schöne ist, dass es erst einmal keine Begrenzung in Region oder
Thema gibt. Auch, wenn jeder und jede von uns einen eigenen Schwerpunkt
mitbringt, können wir innerhalb unseres Netzwerks unsere Expertise
entsprechend zusammenbringen oder an andere verweisen, die sich z. B. in
einem Land oder einem Themenfeld besonders gut auskennen.
Was treibst Du als EZ-Scout konkret bei PHINEO voran?
Ich berate allgemein rund um das Thema Entwicklungszusammenarbeit und Wirkungsorientierung, entwickle Konzepte und bringe Akteure aus unterschiedlichen Sektoren zusammen. Durch meinen Hintergrund treibt mich insbesondere die Frage, wie man die wirtschaftlichen Strukturen in Entwicklungs- und Schwellenländern nachhaltig unterstützen kann. Im Fokus stehen Sozialunternehmertum, Impact Investing und die Unterstützung von unternehmerischen Ökosystemen.
Von deutscher Seite aus entwickle ich gemeinsam mit dem Team von PHINEO gerade verschiedene Ansätze im Finanzierungsbereich. Diese sollen unter anderem eine bessere Kooperation von Stiftungen und PhilanthropInnen und sozialen InvestorInnen in der EZ ermöglichen, insbesondere neue Fondslösungen und wirkungsorientierte Finanzierungsmechanismen (Stichwort: pay for success). Wirkungsorientiertes Investieren und Kooperationen mit Sozialunternehmen sind im entwicklungspolitischen Kontext für Deutschland noch recht junge Themen. Es wird also spannend in den kommenden Jahren.
Eine Übersicht der 17 Ziele samt passender Spendenorganisationen finden Sie auf unserem Angebot: Spenden mit Impact!