Non-Profit-Journalismus
„Wer in der Sache überzeugt, hat schon mal gute Karten!”
Ein Gutachten zur steuerlichen Anerkennung gemeinnützigen Journalismus im Auftrag der Landesregierung NRW gibt der Diskussion Auftrieb. Wir sprachen mit Gutachter Prof. Dr. Peter Fischer, Vorsitzender Richter am Bundesfinanzhof a. D.
PHINEO: Für wie dringlich halten Sie die Änderung der Abgabenordnung?
Prof. Dr. Peter Fischer: Im Gutachten befürworten wir eine Gesetzesänderung. Dies insbesondere, um Pressefreiheit und Vielfalt gerade in den Marktsegmenten zu gewährleisten, in denen Gewinne nicht stets zu erwarten sind. Gestützt auf das Gutachten hat das Land NRW mit einer Bundesratsinitiative eine Ergänzung der Abgabenordnung vorgeschlagen. Es liegt auf der Hand, dass wir diese Einbringung in das Gesetzgebungsverfahren nachdrücklich befürworten. Es geht letztlich auch um eine Stärkung der Zivilgesellschaft. In unserem Gutachten stellen wir fest, dass die momentane Rechtslage unsicher ist. Insofern halten wir es für angezeigt, dass der Gesetzgeber tätig wird und Rechtssicherheit herstellt.
PHINEO: Sollten Stiftungen den politischen Willensbildungsprozess beeinflussen – oder sich eher raushalten?
Peter Fischer: In einer Demokratie ist es selbstverständlich, dass auch diese Akteure der Zivilgesellschaft ihre Anliegen offensiv und nachdrücklich vertreten. Auch die Verleger hatten vielfältig Gelegenheit, ihre Bedenken gegen die Förderung eines gemeinnützigen Journalismus vorzubringen. Die Akteure der Zivilgesellschaft nehmen ihre ureigene Rolle wahr. Themenanwaltschaft, Wächter- und Mittlerfunktion, Selbsthilfe, Gemeinschaftsbildung und letztlich die politische Mitgestaltung sind Aspekte eines modernen Rechtsrahmens der Zivilgesellschaft. In diesem Sinne ist es legitim und zugleich notwendig, dass sich die Akteure auch auf politischer Bühne Gehör verschaffen. Stiftungen könnten ein Gegengewicht setzen zu Wirtschaftsunternehmen, die selbstverständlich und gleichfalls berechtigterweise ihre merkantilen Interessen zu Gehör bringen.
PHINEO: Was sind geeignete Maßnahmen, mit denen Förder*innen den Prozess beschleunigen können?
Peter Fischer: In erster Linie sind diejenigen Institutionen und Personen anzusprechen, die am Gesetzgebungsverfahren mitwirken. Erste Adressaten sind für mich die Abgeordneten der gesetzgebenden Körperschaften, insbesondere in den einschlägigen Ausschüssen, ferner die Landesregierungen, bei denen das Medienrecht in den Staatskanzleien angesiedelt ist. Maßnahmen wie der Offene Brief von der Initiative Non-Profit-Journalismus vom September 2019 sind wichtige Beiträge zur politischen Willensbildung: Öffentlichkeit herstellen, Argumente vorbringen, Verbündete suchen. Wer sein Gegenüber in der Sache überzeugt, hat jedenfalls schon mal gute Karten!
Das Interview fand im Zuge der Recherchen zum Report „Non-Profit-Journalismus in Deutschland – Wirkungslogiken, Qualitätskriterien und Tipps für Förder*innen” statt.