Über­brü­ckungs­hil­fen für Non-Profits

Der vor­läu­fi­ge Haus­halt nach dem Ampel-Aus ist eine exis­ten­zi­el­le Bedro­hung für gemein­nüt­zi­ge Orga­ni­sa­tio­nen: Wenn zuge­sag­te För­der­mit­tel dadurch zu spät flie­ßen, wird die Über­brü­ckung zum Pro­blem. Dabei gäbe es eine nahe­lie­gen­de Lösung.

Mit dem Ende der Ampel-Koali­ti­on wird es zu einer vor­läu­fi­gen Haus­halts­füh­rung kom­men. Das Grund­ge­setz stellt dabei zwar sicher, dass gesetz­lich fest­ge­schrie­be­ne oder ver­trag­lich ver­ein­bar­te Zah­lun­gen wei­ter flie­ßen kön­nen. Mit­tel für Ein­zel­maß­nah­men zäh­len jedoch nicht dazu: Gera­de Gel­der aus För­der­pro­gram­men wie bei­spiels­wei­se Demo­kra­tie Leben!“ kön­nen vor­läu­fig nicht oder nur teil­wei­se aus­ge­zahlt wer­den – obwohl sie bewil­ligt wur­den und auch in den nächs­ten Jah­ren fort­ge­führt wer­den. Bei Neu­wah­len im Febru­ar und der anschlie­ßen­den Regie­rungs­bil­dung, wer­den die Mit­tel in vol­ler Höhe nicht vor Mit­te des nächs­ten Jah­res bei den Orga­ni­sa­tio­nen ankom­men. Für vie­le Non-Pro­fits könn­te das schon zu spät sein. 

Denn gera­de klei­ne und mitt­le­re Orga­ni­sa­tio­nen sind oft von die­sen För­de­run­gen abhän­gig. Für sie ist die Zwi­schen­pha­se exis­tenz­be­dro­hend: Auch ohne die Mit­tel müs­sen wei­ter­hin Gehäl­ter, Mie­ten und ande­re Fix­kos­ten gezahlt werden. 

Non-Pro­fits in aku­ter Notlage

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So geht es auch Michae­la Rosen­baum, Geschäfts­füh­re­rin der AWO Mühlheim/​Ruhr. Ihr Kreis­ver­band bie­tet unter ande­rem Schuld­ner­be­ra­tung, Migra­ti­ons­be­ra­tung oder Bera­tung bei sexua­li­sier­ter Gewalt an. Klas­si­sche sozia­le Arbeit“ nennt sie das. Hier arbei­ten bis zu 130 Beschäf­tig­te, sie­ben bis acht Mil­lio­nen Euro an Jah­res­um­satz ver­bucht der Verband. 

Die Mit­tel kom­men größ­ten­teils aus öffent­li­chen För­de­run­gen; von kom­mu­na­ler- und Län­der­ebe­ne, aber auch vom Bund oder sogar der EU. Der vor­läu­fi­ge Haus­halt bedeu­tet für Michae­la Rosen­baum neue Unsi­cher­hei­ten: Betrof­fen ist vor­aus­sicht­lich unse­re Migra­ti­ons­be­ra­tung für Erwach­se­ne. Die­ses Pro­gramm wird seit über 60 Jah­ren von Bun­des­mit­teln geför­dert – und jedes Jahr muss es neu bewil­ligt wer­den“, so Rosen­baum. Es kur­sie­ren unter­schied­li­che Infor­ma­tio­nen, ob die Mit­tel­aus­zah­lung von der Ver­ab­schie­dung des Bun­des­haus­halts abhän­gen wird. Soll­te ein beschlos­se­ner Haus­halt Vor­aus­set­zung sein, rech­ne ich nicht damit, dass die­se Mit­tel vor Sep­tem­ber bei uns ankommen.“ 

Der vor­läu­fi­ge Haus­halt ver­schärft das Pro­blem zu spät flie­ßen­der För­der­mit­tel noch, mit dem Rosen­baum seit Jah­ren zu kämp­fen hat. Als 2023 in Mühl­heim eine neue Erst­ein­rich­tung für Geflüch­te­te eröff­ne­te, such­te der Bund nach Frei­en Trä­gern, die für die­sen Stand­ort eine Asyl­ver­fah­rens­be­ra­tung bereit­stel­len. Der AWO Kreis­ver­band stell­te einen Antrag und erhielt nicht nur den Zuschlag, son­dern auch die schrift­li­che Zusa­ge für einen vor­zei­ti­gen Maß­nah­men­be­ginn – die Arbeit konn­te los­ge­hen. Die Gel­der aller­dings kamen erst deut­lich ver­zö­gert: 2023 sechs Mona­te nach Arbeits­be­ginn, 2024 waren es sogar elf Mona­te zu spät. 

Zahl­rei­che Orga­ni­sa­tio­nen ste­hen vor dem Aus

Die Kon­se­quenz, die Michae­la Rosen­baum zieht: Die Stel­le der Asyl­ver­fah­rens­be­ra­tung wird erst­mal nicht fort­ge­führt. Ande­re Trä­ger, denen es ähn­lich geht, machen es genau­so. Damit wird den Geflüch­te­ten höchst­wahr­schein­lich kei­ne Bera­tung mehr ange­bo­ten. Eine Leis­tung, die ihnen per Gesetz zusteht. 

Orga­ni­sa­tio­nen wie die AWO Mühlheim/​Ruhr sind damit gleich dop­pelt belas­tet, da Zuwen­dun­gen der öffent­li­chen Hand ohne­hin stark gekürzt wer­den. Kürz­lich ver­kün­de­te Ber­lin mas­si­ve Ein­spa­run­gen im sozia­len, öko­lo­gi­schen und kul­tu­rel­len Bereich. In Sach­sen wer­den sogar alle Mit­tel für psycho-sozia­le Bera­tungs­stel­len im Land gestri­chen. Zahl­rei­che Orga­ni­sa­tio­nen ste­hen vor dem Aus, es droht ein Kahl­schlag im gesam­ten gemein­nüt­zi­gen Sektor. 

Über­gangs­fi­nan­zie­run­gen könn­ten Abhil­fe schaffen 

Genau jetzt sind daher Geldgeber*innen gefragt, die die ent­ste­hen­de Lücke schlie­ßen: Das kön­nen eben­so Unter­neh­men wie Stif­tun­gen oder pri­va­te Philanthrop*innen und Fami­ly Offices sein. Durch Zwi­schen­fi­nan­zie­run­gen kön­nen sie gera­de klei­ne Orga­ni­sa­tio­nen, die die unver­zicht­ba­re Arbeit an der Basis leis­ten, über die finan­zi­el­le Durst­stre­cke hin­weg­hel­fen. Die­ses Kapi­tal wäre noch nicht ein­mal ver­lo­ren“, son­dern könn­te nach dem Flie­ßen der För­der­mit­tel zurück­ge­zahlt werden.

Denk­bar wären klas­si­sche För­de­run­gen wie Fehl­be­darfs­fi­nan­zie­rungen, die zurück­ge­zahlt wer­den, oder auch mit bestimm­ten Kon­di­tio­nen ver­ge­be­ne Dar­le­hen. Mit sol­chen Mecha­nis­men könn­ten Orga­ni­sa­tio­nen vor­über­ge­hend ihre Fix­kos­ten bestrei­ten und wür­den zusätz­lich an Pla­nungs­si­cher­heit gewinnen.

Die Aus­fall­ri­si­ken sind über­schau­bar, da eine Rück­zah­lung durch die posi­ti­ven För­der­be­schei­de gedeckt ist. Zusätz­lich gäbe es die Mög­lich­keit, mit­hil­fe von Abtre­tungs­er­klä­run­gen sicher­zu­stel­len, dass die Aus­la­gen nach erhal­te­ner För­de­rung auch tat­säch­lich zurückfließen. 

Rück­la­gen sind oft zu gering 

Das Pro­blem der Über­brü­ckung ist im Drit­ten Sek­tor nicht neu. Das liegt zual­ler­erst an einem grund­le­gen­den Unver­ständ­nis öffent­li­cher För­der­mit­tel­ge­ber für die Bedar­fe und die Mög­lich­kei­ten ihrer Emp­fän­ger­or­ga­ni­sa­tio­nen. Hier braucht es drin­gend eine Moder­ni­sie­rung der Struk­tu­ren staat­li­cher Fördermittelvergabe. 

Zum ande­ren ist das Pro­blem aber auch ein haus­ge­mach­tes: Vie­len Orga­ni­sa­tio­nen man­gelt es an einer aus­rei­chend diver­si­fi­zier­ten Finan­zie­rungs­struk­tur. Wenn die eige­ne Arbeit größ­ten­teils von einer ein­zel­nen Finan­zie­rung getra­gen wird, bege­ben sich vie­le in eine ris­kan­te Abhängigkeit. 

Auch über die Bil­dung von Rück­la­gen herrscht in der gemein­nüt­zi­gen Welt noch immer Unklar­heit. Um es deut­lich zu machen: Non-Pro­fits dür­fen und sol­len sogar Rück­la­gen auf­bau­en, wenn sie dabei eini­ge Beson­der­hei­ten beach­ten.

Chris­ti­an Ber­ger, Geschäfts­füh­rer PHI­NEO, kennt das Problem:

Rück­la­gen sind kein Luxus, den sich nur gut finan­zier­te Orga­ni­sa­tio­nen leis­ten soll­ten. Wer lang­fris­tig wir­ken möch­te, muss sie als inte­gra­len Bestand­teil der eige­nen Finan­zie­rungs­struk­tur betrachten.“

Ori­en­tie­rung für eine divers auf­ge­stell­te Finan­zie­rung bie­ten etwa der Finan­zie­rungs­kom­pass und der Kurs Selbst finan­zie­ren: Tipps zum wirt­schaft­li­chen Geschäfts­be­trieb“ des SKala-CAMPUS.

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